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ESL: "Frische" Milch extra lange haltbar

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ESL: "Frische" Milch extra lange haltbar

Seit Jahren hat die „länger haltbare Frischmilch“ einen festen Platz im Kühlregal. Sie nimmt hinsichtlich ihres Verarbeitungsgrades eine Mittelstellung zwischen herkömmlicher Frischmilch und H-Milch ein. Eine rechtsverbindliche Kennzeichnung gibt es für die Milch mit verlängerter Haltbarkeit nicht, aber eine Selbstverpflichtung der Lebensmittelwirtschaft. Der Begriff „frisch“ ist für Milch rechtlich nicht definiert, wird aber bei ESL-Milch bislang toleriert.

Verfahren der Haltbarmachung

Zwei verfeinerte Verfahren zur Pasteurisierung machen es möglich, Frischmilch länger haltbar zu machen:

  • Die Milch wird für wenige Sekunden auf bis zu 127 Grad erhitzt. Nachteil bei diesem Verfahren ist ein leichter Kochgeschmack, den viele von der H-Milch kennen.
  • Bei einem anderen Verfahren wird die Milch in Magermilch und Rahm aufgetrennt. Die Magermilch wird mit Hilfe von mikrofeinen Filtern weitgehend entkeimt. Nur der Rahm und bakterienreiche Filterrückstand werden wenige Sekunden auf Temperaturen bis zu 127 Grad hocherhitzt. Für die filtrierte Magermilch reicht eine schonende Kurzzeiterhitzung zwischen 72-75°C. Anschließend werden alle Bestandteile wieder zusammengeführt.

Die durch beide Verfahren gewonnene Milch wird in der Fachsprache als „ESL“ bezeichnet. ESL steht für „extended shelf life", längeres Leben im Kühlregal.

ESL-Milch ist ungeöffnet und gekühlt bis zu vier Wochen haltbar und unterscheidet sich qualitativ kaum von der traditionellen Frischmilch. Die Nährstoffverluste sind nicht wesentlich höher als bei der herkömmlich pasteurisierten Frischmilch. Passionierte Frischmilchtrinker ärgern sich bei einigen Produkten jedoch über den veränderten Geschmack und sie möchten die Frischmilch wieder auf den ersten Blick erkennen können.

Mit den beiden Verarbeitungsvarianten reagieren die Molkereien auf den Wunsch des Handels und vieler Verbraucher nach länger haltbaren Milchprodukten.

ESL-Milch zählt als pasteurisierte Milch

Dass ESL-Milch als „Frischmilch“ in den Regalen stehen kann, hat folgenden Hintergrund:
Rechtlich gibt es für „frische Milch“ bislang zwar keine Definition. Bei pasteurisierter Milch tolerieren Gerichte allerdings den Begriff „frisch“, sofern durch die Pasteurisierung kein Qualitätsverlust eingetreten ist.

Das Erhitzungsverfahren der ESL-Milch zählt als Pasteurisierung. Erst bei einer Behandlung ab 135° C gilt Milch als ultrahocherhitzt. 

Selbstverpflichtung zur Kennzeichnung

Anfangs waren die neuen Produkte mit Aufdrucken wie "länger frisch", "maxifrisch" oder "extra langer Frischgenuss" gekennzeichnet. Aufgrund dieser unterschiedlichen Bezeichnungen waren sie schlecht von herkömmlicher Frischmilch zu unterscheiden.

Deshalb verständigten sich im Februar 2009 das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, der Milchindustrie-Verband e. V. und der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels auf eine Selbstverpflichtung zur Kennzeichnung der Milch. Sie soll bewirken, dass die Käufer die klassische Frischmilch besser von der ESL-Milch unterscheiden können:

  • Klassische Frischmilch erhält den Zusatz "traditionell hergestellt",
  • ESL-Produkte werden als "länger haltbar" gekennzeichnet.

Ein Hinweis auf das jeweils angewendete Herstellungsverfahren (Hocherhitzung oder Mikrofiltration) wurde nicht in die Selbstverpflichtung aufgenommen. Zum Teil ist er aber als freiwillige Kennzeichnung auf Produkten zu finden.

Verbraucherverständnis zu „frischer“ Milch

Verbraucher akzeptieren die Bezeichnung „Frischmilch“ im Wesentlichen für Rohmilch und herkömmliche Frischmilch. Für Milch mit einer Haltbarkeit von etwa drei Wochen – das entspricht der ESL-Milch, sinkt die Akzeptanz stark. Das zeigt eine repräsentative Verbraucherstudie des Projekts Lebensmittelklarheit in 2014.

Zudem weist eine nicht-repräsentative Umfrage auf Lebensmittelklarheit in 2016 darauf hin, dass die derzeitige Kennzeichnung „traditionell hergestellt“ auf herkömmlicher Frischmilch für Verbraucher nicht eindeutig ist. Weniger als die Hälfte der Befragten gab richtig an, dass sich der Hinweis auf die Pasteurisierung bezieht. Ein Viertel wusste nicht, wie die Angabe zu verstehen ist, der Rest ging von falschen Voraussetzungen aus.

Milch die länger als sieben Tage haltbar ist, sollte nicht mehr als „frisch“ bezeichnet werden dürfen. Das würde die Unterscheidung zwischen herkömmlich pasteurisierter Milch und „länger haltbarer“ Milch vereinfachen. Die Angabe „traditionell hergestellt“ scheint nicht eindeutig zu sein und sollte deshalb dem Verbraucherverständnis angepasst werden.

Das jeweils angewendete Herstellungsverfahren bei der länger haltbaren Milch (Hocherhitzung oder Mikrofiltration) sollte grundsätzlich angegeben werden. Verbrauchern, die sich am Geschmack der ESL-Milch stören, ermöglicht diese Angabe eine informierte Kaufentscheidung, denn nur die hocherhitzten Produkte können leicht gekocht schmecken.

Hinweis: Unsere Kurzmeldungen geben grundsätzlich den Stand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder. Sie werden in der Regel nicht aktualisiert.

Der leichtsprachliche Text wurde übersetzt von:
Isabella von Luxburg,
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